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Kann sich eine Unternehmenskultur im Home Office entwickeln? Worauf muss man achten?
Es wird oft angenommen, dass eine Veränderung der Unternehmenskultur durch die Umgestaltung von Büros mit neuen Aufenthaltsbereichen und Chill-Zonen herbeigeführt werden kann. Solche Veränderungen können zwar kurzfristig Energie freisetzen, aber die wahre Kultur einer Organisation entsteht durch die alltäglichen Interaktionen und Entscheidungen der Mitarbeitenden, nicht durch das physische Umfeld.
Vor der Corona Pandemie war die Arbeit in den meisten Fällen standortgebunden. Zwar hatten einige Organisationen bereits flexible Arbeitsplatzrichtlinien eingeführt, aber für viele war das Arbeiten von zu Hause aus eher die Ausnahme als die Regel. Die Pandemie hat gezeigt, dass effektives Arbeiten sowohl im Büro als auch von zu Hause aus möglich ist. In vielen Unternehmen hat sich mittlerweile ein hybrides Modell etabliert, das die Vorteile beider Welten kombiniert.
Unternehmen halten am Homeoffice fest
Eine aktuelle Studie zeigt, dass 82 % der Beschäftigten in der Informationswirtschaft mindestens einmal pro Woche von zu Hause aus arbeiten. Dieser Trend hat sich seit der Pandemie kaum verändert, und viele Unternehmen gehen davon aus, dass Homeoffice in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird (ZEW). Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass die Nachfrage seitens der Beschäftigten stetig steigt. Unternehmen reagieren auf diese wachsenden Anforderungen, indem sie mehr Flexibilität bieten und die Möglichkeit des Arbeitens von zu Hause aus langfristig fest in ihre Strukturen integrieren. Eine aktuelle Umfrage des ifo-Instituts zeigt, dass drei Viertel der Unternehmen mit Homeoffice-Optionen diese beibehalten möchten. Nur 12% planen strengere Regeln, und lediglich 4% wollen Homeoffice komplett abschaffen (IFO). Diese Entwicklung verdeutlicht, dass Unternehmenskultur nicht an physische Büroräume gebunden ist. Stattdessen manifestiert sie sich in den Verhaltensweisen, der Kommunikation und den Prioritäten, die innerhalb der Organisation gelebt werden.
In dieser neuen Arbeitswelt sind Führungskräfte mehr denn je gefordert. Sie sind die Träger der Kultur und geben vor, was in einer Organisation wichtig ist. Ihre Aufgabe hat sich jedoch verändert: Man muss sicherstellen, dass die Kultur auch dann stark bleibt, wenn die Teams über verschiedene Standorte verteilt (und vor allem remote) arbeiten. Dies erfordert mehr bewusste und regelmäßige Kommunikation sowie eine klare Definition dessen, was gute Leistung bedeutet – unabhängig von der Anzahl der geleisteten Stunden.
Kultur lebt nicht im Büro – sondern in den Menschen
Die Kultur einer Organisation hat direkte Auswirkungen auf die Mitarbeitenden, egal ob sie im Büro oder von zu Hause aus arbeiten. Der Grad, in dem Mitarbeitende miteinander in Kontakt bleiben, Informationen und Ideen austauschen und Probleme gemeinsam lösen, spiegelt direkt die Kultur wider. Gleichzeitig müssen Führungskräfte darauf achten, dass klare Erwartungen kommuniziert werden und die Mitarbeitenden das Gefühl haben, dass ihre Beiträge geschätzt werden. Eine starke Kultur fördert somit das Engagement und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden, unabhängig davon, ob sie zu Hause oder im Büro arbeiten. Allerdings birgt das Arbeiten von zu Hause aus auch Herausforderungen, wie die Gefahr von Burnout, wenn die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen.
Führungskräfte müssen daher sicherstellen, dass ihre Teams die notwendige Unterstützung erhalten – sei es in Form von technischer Ausstattung, klaren Zielen oder emotionaler Unterstützung. Es hat sich gezeigt, dass das hybride Arbeiten das Verhältnis zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden menschlicher gemacht hat. Durch die Einblicke in das private Umfeld der Mitarbeitenden – sei es das Zuhause, Haustiere oder Kinder – wird die Arbeit persönlicher und authentischer.
Wir sollten von Führungskräften zwar nicht erwarten, dass sie zu Seelsorgern werden, aber sie müssen fortgeschrittene Fähigkeiten im Zuhören zeigen, um den Teammitgliedern ein offenes Ohr zu schenken, wenn sie eines brauchen. Schließlich ist das Leben oft eine Mischung aus beruflichen und privaten Herausforderungen – je mehr Führungskräfte dies akzeptieren und in ihre Arbeit einfließen lassen, desto effektiver werden sie darin sein, ihre Mitarbeitenden zu motivieren und zu unterstützen.
Wie sieht eine gute Organisationskultur in unsicheren Zeiten aus?
In unsicheren Zeiten spielt eine gute Unternehmenskultur eine entscheidende Rolle. Organisationen müssen kontinuierlich an ihrer Anpassungsfähigkeit arbeiten, um Resilienz aufzubauen. Eine starke Kultur unterstützt die Fähigkeit der Organisation, sich auf Veränderungen einzustellen. In diesem Zusammenhang sind zwei Elemente besonders wichtig: Klarheit und Kommunikation.
Führungskräfte müssen klare Botschaften darüber senden, was wichtig ist, warum und wie die Mitarbeitenden ihre Zeit und Energie am besten investieren sollten. Darüber hinaus sollte die Kommunikation auf allen Ebenen verstärkt werden – sowohl auf organisatorischer Ebene, um über die Richtung und Prioritäten der Organisation zu informieren, als auch auf lokaler Ebene, um die individuellen Ängste und Unsicherheiten der Mitarbeitenden abzubauen. Dies hilft ihnen, den Wert ihrer Arbeit zu erkennen und sich stärker mit den Zielen der Organisation zu identifizieren.
Wichtig ist auch, dass die Kommunikation inklusiv ist und alle Mitarbeitenden einbezieht, um sicherzustellen, dass niemand ausgeschlossen wird. Organisationen sollten die Vielfalt ihrer Belegschaft nutzen und bislang unerkannte Talente und Fähigkeiten fördern, die wertvolle Ressourcen darstellen können.
Letztendlich geht es darum, Vertrauenswürdigkeit zu demonstrieren. Die Mitarbeitenden sind das Fundament und der Eckpfeiler jeder Organisation. Die kollektive Anstrengung, um gemeinsame Ziele zu erreichen, bildet die Kraft der Unternehmenskultur, und diese beruht auf Klarheit, Fürsorge, Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Transparenz. Dies sind die Eigenschaften, die eine gesunde, effektive und gute Kultur ausmachen. Egal, ob im Büro oder im Homeoffice – Kultur lebt in den Menschen und nicht in den Gebäuden. Eine starke Unternehmenskultur bleibt unabhängig vom Arbeitsort erhalten, wenn sie auf Vertrauen, klarer Kommunikation und authentischen Beziehungen basiert.
Quellen
1. Wirtschaftsforschungsinstitut, (August, 2024). ZEW Branchenreport Informationswirtschaft, Stabiles Konjunkturklima in der Informationswirtschaft https://www.zew.de/presse/pressearchiv/unternehmen-halten-am-homeoffice-fest
2. Corinne Canter (Mai, 2024) Blog – Culture doesn’t always live in the building, https://www.human-synergistics.com.au/resources/culture-insights-blog/culture-doesnt-always-live-in-the-building/
3. IFO Insititut (August 2024) – Nur 4% der Unternehmen wollen Homeoffice wieder abschaffen, https://www.ifo.de/fakten/2024-08-20/nur-4-prozent-der-unternehmen-wollen-homeoffice-wieder-abschaffen?pm