Unternehmenskulturentwicklung in unvorhergesehenen Zeiten

IST EINE GLOBALE PANDEMIE EIN GUTER KONTEXT FÜR EIN PROGRAMM ZUR VERÄNDERUNG DER UNTERNEHMENSKULTUR?

Programme zur Veränderung der Unternehmenskultur werden meist als Reaktion auf interne oder externe Herausforderungen initiiert, z.B. nach einer Fusion, bei einem Geschäftsleitungswechsel oder wenn sich der Markt durch neue Wettbewerber oder neue Technologien nachhaltig verändert. Je grösser die Herausforderung, desto glaubwürdiger der Ruf nach Veränderung.

Corona ist auf verschiedenen Ebenen ein solcher Aufruf zum Handeln: Lockdown, Digitalisierung, neue Wege der Zusammenarbeit und Kommunikation auf Distanz. Corona verändert die (Unternehmens-) Kultur, ob wir es anstreben oder nicht, und einigen Unternehmen fällt diese Anpassung leichter als anderen:

1) Es kommt auf die Kultur an!
Welche Reaktionen beobachten Sie in Ihrem Unternehmen? Die Unternehmenskultur fördert entweder konstruktive oder defensive Verhaltensweisen; die Krise ist die Stunde der Wahrheit. „Blaue“, konstruktive Verhaltensweisen an den Tag zu legen, wenn die Märkte wachsen, können viele („Blau“ bezieht sich auf die Forschung und die Instrumente von Human Synergistics, die die „konstruktiven Stile“ im Circumplex beschreiben, und die im Kontrast stehen zu den „Roten“ aggressiv/defensiven und „Grünen“ passiv/defensiven Stilen). Die Kunst besteht darin, sich auch während des Stresstests weiterhin „Blau“ zu verhalten: sind die Kundenbeziehungen Ihres Unternehmens stark genug, reagiert Ihr Führungsteam konstruktiv auf den Wandel, sind die Mitarbeiter in der aktuellen Situation proaktiv und unterstützend? Reagieren die Menschen in Ihrem Unternehmen eher „Rot“ (aggressiv/defensiv) oder „Grün“ (passiv/defensiv)? Welche der gegenwärtigen Veränderungen sind sinnvoll und langfristig erhaltenswert, und kann die Situation als Chance genutzt werden, um schon länger notwendige, tiefgreifende Veränderungen anzustoßen?

2) Es kommt auf konstruktive Zusammenarbeit an!
Die Menschen erkennen gerade in der täglichen Arbeit, dass Kultur in der Zusammenarbeit auf Distanz noch wichtiger ist als sonst. In meinen aktuellen Coachings schildern Teilnehmer, dass es in der remoten Zusammenarbeit bisweilen schwierig ist, neue Routinen aufzubauen – insbesondere in bestehenden Teams, in denen unausgesprochene Regeln und Abläufe plötzlich nicht mehr wie gewohnt funktionieren. Sie fragen dann, wie sie in unsicheren Zeiten und auf Distanz Vertrauen fördern und Beziehungen stärken können. Bei der remoten Arbeit sind die „Blauen“ konstruktiven Stärken, seien es Motivation, Freude an der Aufgabenerfüllung oder die Fähigkeit, gut mit anderen zusammenzuarbeiten, noch wichtiger als in „normalen“ Zeiten, sie sind jedoch schwieriger zu erreichen. Auf der anderen Seite sind das Bewusstsein und die Bereitschaft, diese Qualitäten zu entwickeln, jetzt größer denn je.

3) Es kommt auf die Führung an!
Führung ist in Krisenzeiten besonders wichtig, denn sie gibt den Ton vor und dient als Beispiel für die Zusammenarbeit und prägt so die Kultur. Nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch alle anderen Beteiligten beobachten genau, ob das Führungsteam Richtung gibt, an guten Lösungen arbeitet und diese auch erreicht – und sich dabei auch gut um die Mitarbeiter kümmert. Welcher Führungsstil hilft am effektivsten aus der Krise heraus zu steuern? „Blaue“, konstruktive Stile sind mehr denn je gefragt, da es Führungskräfte mit solchen Stilen vermögen, stabilisierende Signale zu geben, indem sie proaktiv auf die Herausforderungen reagieren. Menschen mit konstruktiven Stilen kommunizieren effizient, handeln lösungsorientiert und integrieren gleichzeitig die menschliche Dimension. Sie beziehen die Perspektiven der Mitarbeiter ein, hören ihre Anliegen und wissen diese zu adressieren. Die Förderung von „Blauen“ Stilen und Verhaltensweisen bei Führungskräften ist daher in Zeiten wie diesen besonders wichtig.

Aus der Perspektive von Human Resources (HR) / Organisationsentwicklung (OE) / Learning und Development (LD) könnte jetzt der beste Zeitpunkt sein, um mit der Entwicklung und/oder Stärkung der konstruktiven Kultur/Zusammenarbeit/Führung zu beginnen: gerade jetzt kommt es wirklich darauf an, und es kann wesentlich dazu beitragen, die Krise zu meistern und aus ihr herauszusteuern! Jedoch liegen viele HR/OE/LD-Budgets auf Eis – die Schlüsselfrage an diejenigen, die über Budgets entscheiden wird also sein: Wie sieht unser Plan aus, um gestärkt und so schnell wie möglich aus der Krise heraus zu kommen? Wie können wir die Budgets am effizientesten nutzen, um eine Kultur zu fördern, die sowohl in der Krise hilft, als auch dabei, sie zu überwinden? Welchen Plan verfolgen wir, um als Gewinner aus dieser Krise heraus zu gehen?

Gerade jetzt könnte ein guter Zeitpunkt sein, die „Blauen“ Muskeln in Ihrem Unternehmen zu entwickeln und zu stärken. Ein solches Unterfangen kann eine hervorragende Möglichkeit sein, sowohl Routinen mit den digitalen Plattformen und der Etikette für digitale Meetings zu entwickeln, als auch ein „Schulungsraum“ sein, in dem kulturbezogene Soft Skills wie Führung, Kommunikation und Selbstmanagement auf neue Art und Weise diskutiert werden. Große Teile eines Kulturveränderungsprozesses können virtuell durchgeführt werden – ob mit online Circumplex-Fragebögen, Video- Kulturdiagnostik-Interviews oder LSI- oder L/I-Auswertungsgespräche (wie dies bisher ohnehin häufig in internationalen Teams der Fall war), und auch Fokusgruppen zur Kulturentwicklung und Blended Learning-Reisen mit gezielten Soft Skills Trainings können in Online-Formaten durchgeführt werden, wodurch gleichzeitig auch die remoten Kompetenzen in Ihrem Unternehmen noch weiter entwickelt werden. 

English Version Here


Verfasst von Isabel Cabanis
Isabel arbeitet mit Einzelpersonen, Teams und Organisationen zu Soft Skills in Kulturprojekten und Führungs- und Kommunikationsprogrammen, sowohl mit ihren eigenen lokalen Kunden als auch in internationalen Projekten. Die Programme, die sie derzeit durchführt, umfassen Blended-Learning-Reisen mit Webinaren, Online-Workshops, Online-Umfragen, angeleitete Selbststudien- und Lerngruppen, Online-Gruppencoaching, Einzelcoachings usw.